Legal, illegal, scheißegal? Das Darknet



Das Thema des heutigen Meetings:

Das Darknet. Es exististiert neben dem Surface Web (auch clearnet) als kleiner, aber wohl versteckter Teil des Deepwebs, also jenem Teil des Internets, der von Suchmaschinen nicht direkt einsehbar ist.
Über den Tor Browser kann man auf die "hidden services", zweifelhafte Webseiten, zugreifen. Hier werden gefälschte Kreditkarten, Drogen, Waffen und auch Liquidierungen angeboten. Gleichzeitig dient es aber auch als Pool für persönliche Blogs, Verschwörungstheorien, Foren, Imageboards, Pornographie und als Backup von Dokumenten, die anonyme Inidividuen als wichtig erachten.
Im Darknet zu navigieren ist nicht ganz einfach. Da sind zum einen die kryptischen URLs, zum anderen muss man sich auf Indexlisten mit Kategorisierungen verlassen, um Informationen zu finden. Die wenigen Suchmaschinen sind rudimentär und unzuverlässig.

Eine der ersten Fragen, die man sich als Künstler bei der Auswahl an psychedelischen Mittel und Waffen stellt: Warum gibt es keinen geheimen Kunstmarkt im Darknet? Warum bietet niemand gefälschte Kunstwerke an? Es ist natürlich schwer, über ein unüberschaubares Netz Aussagen zu treffen. Vielleicht versteckt sich "der" illegale Kunstmarkt hinter einer der unauffindbaren Adressen.
Sucht man im "normalen" Netz nach "darknet art", erscheint der Coup der !Mediengruppe Bitnik, die den Random Darknet Shopper entwickelt haben, der zufällige Artikel aus den Untergrundmärkten direkt in den Ausstellungsraum liefert. Ein anderes Projekt, "Pivilion - Art in the Dark Net" untersucht als Schloss-Solitude Web residency das Verhältnis von Kunst und Dark Net und will eben dort, versteckt, eine Online-Gallerie hosten.

Das Darknet, das Einigen ein Begriff sein mag, aber von noch weniger Menschen überhaupt besucht wird (sei es aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen oder aus mangelndem technischen Wissen), strahlt somit eine Aura des Geheimnisvollen, bisweilen nicht ganz Greifbaren aus. Es bewegt sich irgendwo zwischen Mythos und Fakt. Dass wir „Fakten“ im Internet nicht immer glauben schenken können, wird immer deutlicher.
Das „Kase Taishuu Project“ von Takashi Murakami ist ein Beispiel für ein künstlerisches Unterfangen, das Fakt und Fiktion thematisiert und nebenbei auf ein komerziell geprägtes kulturelles Umfeld eingeht: Als Reaktion auf einen japanischen Fernsehstar, der die Rechte an seinem Namen an seinen Manager verwirkte, der diesen Namen dann einem anderen Schauspieler gab, um die Popularität des Originals auszunutzen, erdachte Murakami das Projekt. Er rekrutierte 4 Kunststudenten, die als die „neuen“ Kase Taishuus posieren sollten und konnte so sogar Magazine und eine TV-Nachrichtensendung täuschen. Dies ging weiter, bis die japanische Mafia bei Murakami klingelte und verlangte, er solle dies unterlassen.*

Wie könnte man bildnerisch auf das Darknet eingehen? Würde man versuchen es zu erklären, etwa schematisch? Dabei würde kaum mehr als eine Infographik entstehen.
Auf den in der Sitzung entstandenen Bildern scheint es immer eine Person zu geben, die die Handlungen fokussiert. Sei es die Person auf einem Hocker, die verschiedene Interaktionsmöglichkeiten eröffnet, ein Vogel, der sich vor der neugierigen Objektiven von Überwachungskameras versteckt oder der überforderte moderne Mensch, der sich mit tausenden von Schubladen konfrontiert sieht; alle mit Angeboten - vielleicht Fakten, vielleicht Lügen – die man nicht nur im Darknet, sondern auch im Internetalltag antrifft.

Text: Chris Binder

Thematische Skizze von Vivien Ruxton


Thematische Skizze von Beate Herdtle




* Amanda Cruz, "DOB in the land of Otaku" in Takashi Murakami - The Meaning of the Nonsense of the Meaning, 2000, Harry N. Abrams, Inc., New York

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